Tour-Tagebuch

Es ist so weit - endlich beginnt die Tour. 700km bis nach Riga stehen vor uns, die wir voller Energie und Tatendrang angehen!

Direkt vor dem Startschuss haben wir zunächst am Denkmal des "Kleinen Aufständischen" einen Blumenstrauß mit Schärpen in den Nationalfarben Polens, Deutschlands sowie Litauens, Lettlands, Estlands und der Ukraine niedergelegt. Dieses außergewöhnliche Denkmal erinnert an die Kinder und Jugendlichen, die am Warschauer Aufstand, dem Kampf um die Unabhängigkeit der polnischen Hauptstadt während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg, teilnahmen.

Vor der Sigismundsäule, dem eigentlichen Startpunkt, empfing uns der stellvertretende Sportminister Tomasz Jędrzejczak. Er würdigte unseren Lauf als eine beeindruckende Initiative zur Stärkung der deutsch-polnischen Beziehungen. Lukas Wasilewski von der deutschen Botschaft begrüßte uns im Namen des Botschafters Rolf Nikel. Von Seiten der Stadt Warschau überreichte uns Katarzyna Klimek ein Grußschreiben. Auch hatten wir somit die erste Gelegenheit, Gastgeschenke aus Halle zu überreichen.

Auch Lions Freunde waren zahlreich vertreten. Sogar der Governor Zdzislaw Ryszkowski war eigens aus Olsztyn gekommen, um mit uns zusammen die ersten Kilometer zu laufen.

Der Startschuss fiel und besonders erfreut waren wir darüber, dass eine Gruppe behinderter Kinder und der Organisatoren der "Special Olympics" im Läuferfeld vertreten waren. Sie begleiteten uns die ersten 5km. Abgesichert vom Warschauer Großstadtverkehr wurden wir dankenswerter Weise von Polizistin Kate auf ihrem Motorrad, die uns sehr gerne bis Riga begleitet hätte, was wir mit Sicherheit nicht abgelehnt hätten.

Das Laufwetter war fantastisch, wenn auch teilweise ein bisschen zu warm. Wie im letzten Jahr wurde die Tagesetappe dreigeteilt und als Staffel, zuerst Mariusz, dann Daniel und zuletzt Ludwig bewältigt.

In Niegów wurden wir von ca. 20 Läufern aus Wyszków erwartet, die sich uns bis zum Ziel anschlossen, organisiert vom städtischen Abteilungsleiter für Sport Leszek Marszał. Eine tolle Truppe, tolle Stimmung und einige persönliche Rekorde!

Begrüßt wurden wir in Wyszków mit Musik, auffrischenden Getränken und einer netten Rede der stellvertretenden Bürgermeisterin Aneta Kowalewska. Gemeinsam mit ihr haben wir am Gloria Victis Monument einen Kranz niedergelegt.

Darauf folgte eine Massage für die Läufer bei einem Spezialisten für manuelle Therapie, die unserem Team die nötige Entspannung für den kommenden zweiten Lauftag gab. Vielen vielen Dank an Michał Mielcarz für diese tolle Behandlung!

Nach einer sehr erholsamen Nacht im Hotel „Baśniowy“, das herrlich im Grünen gelegen war, warteten trotz Nieselregens ungefähr 60 Kinder einer Grundschule auf uns. Voller Begeisterung machten die Kids mit uns ein Aufwärmprogramm. Nachdem der Direktor den Startschuss gegeben hatte, wollten wir eigentlich gemeinsam mit den Kindern mit gleicher Geschwindigkeit laufen. Aber es gab kein Halten, voller Energie rasten sie los und unsere Teamläufer hatten einige Mühen, alle beieinander zu halten. Die schnellsten von ihnen, darunter Marcin, Michał, Miłosz, Karol und Kacper hielten ganze 2 km durch. Nach einer herzlichen Verabschiedung begann die erste Staffel des Lauftages für Mariusz, der für einige weitere Kilometer noch von Paweł begleitet wurde.

Aus Nieselregen wurde richtiger Regen, aber wir liessen uns davon natürlich nicht abschrecken, zumal der Weg durch den Wald traumhaft schön war. Auch Daniel und Ludwig mussten gegen Regenschauer anlaufen, aber mit dem Ziel vor Augen und dank der Supporter und sogar Polizeieskorte auf größeren Strassen, meisterten auch diese beiden ihre Tagesetappe und wir erreichten gemeinsam Łomża.

In Łomża wurden wir von Bernadeta Krynicka, der Präsidentin des Stadtrates, sowie einigen Lions-Freunden begrüßt und legten Blumen am Denkmal Johannes Paul II. ab. Bernadeta war so angetan von unserer Aktion, dass sie spontan zusagte, am nächsten Tag ein Stück mitzulaufen. Solche aktiven Laufbeteiligungen finden wir natürlich absolut klasse!

Übernachten konnten wir im Sporthotel der Stadt und auch für unsere Regeneration hatte sich Józef Babiel etwas besonderes ausgedacht, nämlich einen Besuch im örtlichen Schwimmbad, mit Sauna und Salzgrotte. Nochmals vielen Dank dafür!

Es sei noch angemerkt, dass Rhea und Matthias uns leider nicht ins Schwimmbad begleiten konnten, sondern ihren Job als Supporter auch in den Abendstunden ernsthaft weiterbetreiben mussten, da ein hier nicht genanntes Teammitglied seine Reisetasche in Wyszków vergessen hatte ;-) Nach ihrer Rückkehr hatten wir aber noch einen geselligen fröhlichen Abend und konnten sogar noch die zweite Halbzeit des Fussball-Länderspiels Polen-Deutschland sehen. 3:1 für Deutschland, aber wir haben Mariusz und Daniel trösten können ;-)

Dritter Lauftag, ab nach Prostki!

Heute schien glücklicherweise wieder die Sonne. Wir starteten auf dem Marktplatz von Łomża und hatten wieder eine Meute von Kids, die uns auf den ersten Kilometern begleiten wollten. Und auch Bernadeta hatte ihr Versprechen wahr gemacht und stand am Start bereit. Wie schon im letzten Jahr hatten Mariusz und Daniel das ganze Auto voller T-Shirts, um allen Mitlaufenden das passende Outfit geben zu können. Ganz gepasst hat es allerdings nicht in jedem Fall, einige Kids griffen in der Hitze des Gefechts wohl zu L oder XL, was uns ein paar schöne Aufnahmen beschehrte.

Nach dem Aufwärmprogramm ging es los, den ersten Part der Strecke mit den Kindern sowie Bernadeta, Lucyna und Iwona, die sogar 10km schafften. Die Tagesgesamtstrecke für unsere drei Teamläufer betrug heute „nur“ 75km, die Mariusz, Daniel und Ludwig mit Bravour meisterten.

In Prostki wurden wir planmäßig ausnahmsweise mal nicht empfangen, da wir nach den ersten drei Lauftagen gemäß unserer Erfahrungen aus den Vorjahren eine Ruheabend benötigten. Unsere Unterkunft lag diesmal an einem wunderschönen See und da es zum Glück auch noch warm genug war, konnten wir sogar noch eine Runde schwimmen gehen.

Unser Ziel für heute: Suwałki.

Ganz so erholsam, wie wir erhofft hatten, war unsere Nacht im See-Bungalow dann doch nicht, da direkt am Ufer eine fröhliche Hochzeitsparty stattfand und wir lernen mussten, dass es auf polnischen Hochzeiten hoch hergeht und lange und ausgiebig gefeiert, getanzt und vor allem gesungen wird ;-) Entschädigt wurden wir dann aber mit einem ausgiebigen Frühstück am Seeufer bei strahlendem Sonnenschein.

Zum Start hatten wir heute tatkräftige Laufunterstützung von Przemek und Adam, zwei passionierten Marathonläufer, mit Bestzeiten von 3:15 und 3:30, Respekt! Dementsprechend ambitioniert wurde sodann auch der erste Tagesabschnitt von Mariusz bewältigt. Das Laufen viel allen heute wieder leichter als am Vortag, was wohl daran lag, dass die Strecke weniger hügelig war. Optimales Laufwetter, lediglich der Wind war streckenweise ein wenig zu stark.

Während Ludwig und Tilman in einer Bushaltestelle mitten im Nirgendwo darauf warteten, dass das restliche Team samt Transporter zu ihnen aufschlossen, gesellte sich Boris, ein sehr liebenswerter Labrador(?) zu ihnen. Wenn Herrchen nicht gekommen wäre, hätte Boris uns wohl bis Riga begleitet ;-)

Doch auch so liefen wir heute nicht alleine, im Gegenteil! In Poddubówku stiessen 20 professionelle Läufer zu uns und am Ortseingang von Suwałki warteten ca. 50 Kinder ungeduldig auf uns. Dieser herzliche Empfang wurde koordiniert von Kamil Klimek, Leiter des Sport- und Erholungszentrums. Gemeinsam ging es dann Richtung Marktplatz und die Kids waren wieder nicht zu halten und rannten uns förmlich davon! Ludwig versuchte immer wieder sie einzufangen, doch sobald er die vordersten bremsen konnte, sausten die nächsten schon wieder an ihm vorbei. Für unsere Läufer waren die letzten Kilometer heute deshalb eher ein Sprint als ein Langstreckenlauf ;-)

Am Ziel wurden wir herzlich vom Bürgermeister Czesław Renkiewicz empfangen, der sich sehr über unserer Gastgeschenke aus Halle gefreut hat. Nach dem Gruppenfoto legten wir Blumen am Denkmal für die Kinderbuchautorin Maria Konopnicka nieder, wobei Matthias noch mehr Freude an den kleinen Gnomen, Figuren aus einem ihrer Bücher, fand als am eigentlichen Denkmal ;-)

Tag 5, heute geht es schnurstracks nach Litauen!

Am Morgen erwarteten uns auf dem Marktplatz von Suwałki wieder dutzende Kinder, viele von ihnen kannten wir schon vom Zieleinlauf am Vortag. Trotz erneutem Nieselregen liessen sie es sich nicht nehmen, uns einige Kilometer aus der Stadt heraus zu begleiten, TOP!

Wie gehabt lief Mariusz die erste Etappe, diesmal gemeinsam mit Bożena und Jarek, beide sehr sportlich unterwegs. Bożena läuft seit 15 Jahren jeden Tag und Jarek ist zwischenzeitlich vom Marathon zum Triathlon gewechselt und hat sogar schon einen Iron Man hinter sich.

Ein paar Kilometer vor der Grenze zu Litauen war dann auch schon der Wechselpunkt für Daniels Einstieg in den heutigen Lauftag. Und auch er musste nicht alleine laufen, sondern bekam prominente Unterstützung von Linas Slušnys, dem aktuellen Governor der Lions in Litauen.

Kurz vor der Grenze wartete das Supporter-Team mit unserem Transporter an einer kleinen Seitenstrasse, damit alle gemeinsam die Grenze überqueren konnten. Als wir einem großen orangenem Schulbus Platz machen wollten, staunten wir nicht schlecht, als dieser anhielt und ca. 30 Kinder fröhlich heraussprangen. Es stellte sich heraus, dass das litauische Staatsfernsehen in der Zwischenzeit über unseren Lauf berichtet hatte und die Litauer eigenständig ganze Schulklassen und weitere Mitläufer mobilisiert hatten, um teilzunehmen.

Uns sollte an diesem und an den folgenden Tagen noch einiges erwarten... ;-)

Mit den Nationalflaggen Litauens, Polens, Deutschlands und auch der EU in den Händen erreichten wir die Grenze, wo auch schon die nächste Überraschung folgte. Eine Volksmusikkapelle spielte temperamentvolle litauische Lieder, die uns spontan zum Tanzen animierten. Und plötzlich tanzten alle mit. Es war ein buntes Durcheinander von springenden Kids, wehenden Fahnen und der ein oder anderen Polonaise. Sogar der Bürgermeister und die Stadtverwaltung von Kalvarija, die uns an der Grenze begrüßten, tanzten mit. Was für ein herzlicher Empfang, vielen Dank nach Litauen!!!

Aber wir waren ja zum Laufen da, also ging es direkt weiter Richtung Marijampolė mit einem weiteren kleinen Zwischenstopp in Kalvarija, wo wir natürlich wieder von der Musikkapelle begrüßt wurden ;-) Als Dankeschön haben wir natürlich unsere Mitbringsel aus Halle verteilt, vor allem die Hallenser Herrenhandtasche (mit Hansebier) kam sehr gut an ;-)

Die letzte Etappe stellte dann besonders für Ludwig eine große Herausforderung dar, da eine Handvoll Jugendliche vom Sportgymnasium, die uns bereits seit der Grenze begleiteten, bis zum Ziel mitliefen. Und diese Kids waren tough!!! Sie hatten allerdings den Vorteil, dass ihre Sportlehrerin sie mit eigenem Schulbus hinter dem Läuferfeld begleitete und die Kids immer wenn ihnen die Puste fehlte in den Bus springen konnten. Für unsere Supporter war es ein amüsanter Anblick, dass immer wieder Kinder in den Bus sprangen oder von der Lehrerin hinausgeschubst wurden. Mit mörderischem Tempo wurde dann Marijampolė aber von allen erreicht.

Auch hier wurden wir sehr herzlich vom Bürgermeister und den lokalen Lions Clubs in Empfang genommen und hatten noch einen netten Abend mit unseren Lionsfreunden.

52% der Strecke geschafft, müde aber verdammt gut gelaunt!